Von Paul Antonopoulos
Zu den wichtigsten strategischen Zielen der USA zählt die Konsolidierung und die Ausrichtung der osteuropäischen Staaten, um Russland entgegenzutreten und es einzudämmen. Die gegen Russland gerichtete Unterstützung der Schwarzmeerländer gehört inzwischen zu den Hauptprioritäten Washingtons, da die Türkei nun zu einem unzuverlässigen Partner geworden ist. Daher versucht Amerika, ein neues Bündnis zu schaffen, das offiziell nicht zu der NATO-Struktur gehört, aber indirekt damit verbunden ist. Ein aus der Ukraine, Georgien und Moldawien bestehender Militärblock ist eine US-Initiative, die aber wahrscheinlich keine große Auswirkung auf die Verminderung des russischen Einflusses haben wird.
In der vergangenen Woche enthüllte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba Details zum Inhalt seines Gesprächs mit dem US-Außenminister Antony Blinken. Kuleba erklärte, Kiew werde mit Unterstützung Washingtons ein trilaterales Militärbündnis bilden, zu dem die Ukraine, Georgien und Moldawien gehören sollen. Obwohl Moldawien nicht direkt am Schwarzen Meer liegt, so wie die Ukraine und Georgien, verfügt es mit dem Hafen von Giurgiulești an der Donau über einen relativ einfachen Zugang zu dem Meer. Die kühnen Behauptungen der Kiewer Führung rufen weltweit normalerweise kein erhebliches Interesse hervor, in diesem Fall aber ist es doch etwas Besonderes, da die Anweisung dazu direkt aus dem Weißen Haus kam. Deshalb erscheint eine Weiterführung der feindlichen Politik Washingtons gegenüber Russland unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden nicht überraschend.
Fast unmittelbar nach Blinkens Billigung hat der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij mit der Überprüfung der Gefechtsbereitschaft von seinen Truppen im Donbass begonnen, und belegte die "pro-russischen" Fernsehsender am 3. Februar mit einem Sendevebot. In der Woche darauf hat die Ukraine der NATO am 10. Februar einen provokanten Vorschlag unterbreitet, bei dem sie das Bündnis darauf drängte, den Luftraum des Fluginformationsgebiets (FIR) Simferopol über der russischen Halbinsel Krim für ihre Operationen zu nutzen.
Das FIR Simferopol umfasst die Region Kherson in der Ukraine, die Halbinsel Krim und den zentralen Teil des Schwarzen Meeres. Internationale Flugrouten, die über die Krim verlaufen, wurden von der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) verboten, da die Arbeit der Simferopoler Dispatcherzentrale von der russischen Seite gewährleistet wird und die einzigen Flüge auf die Krim aus Russland durchgeführt werden. Der Himmel über der Halbinsel und den angrenzenden Gewässern des Schwarzen und Asowschen Meeres werden von den russischen Luft-und Raumfahrtstreitkräften sowie der russischen Marine effektiv geschützt. Folglich ist das Angebot der Ukraine an die NATO, die Krim mit Militärflugzeugen zu überfliegen, eine heimtückische militärische Raffinesse und ein Versuch von Selenskij, das Bündnis zu einem Konflikt mit Russland zu nötigen.
Die Verschärfung des militärischen Vorgehens der Ukraine im Donbass wird selbst mit der versprochenen Unterstützung der USA nur zu einer neuen humanitären Katastrophe führen, vor allem aber zu einem neuen Frontverlauf, der sich nicht zu Gunsten Kiews verschieben wird. Man kann nicht die Tatsache außer Acht lassen, dass die Volksmiliz des Donbass die ukrainischen Streitkräfte besiegt hatte und dass ihr Vormarsch nur auf Befehl Moskaus hin gestoppt worden war. Präsident Wladimir Putin hat bereits angekündigt, er werde niemals zulassen, dass russischsprachige Bevölkerung in der Ostukraine unterdrückt würde. Die Behörden in Kiew zeigten jedoch keinerlei Anzeichen für ein Ende ihrer Feindseligkeiten.
Die Kiewer Führung träumt von einer uneingeschränkten NATO-Unterstützung bei jedem zukünftigen Krieg gegen Russland, so wie dies einst die Entscheidungsträger in der georgischen Hauptstadt Tiflis getan hatten. Georgiens Invasion in Südossetien 2008 und die Militäraktionen der Ukraine gegen den Donbass 2014 sollten daran erinnern, dass die NATO nicht dazu bereit ist, in einen Krieg mit Russland zu ziehen – trotz des Zuspruchs von Washington für diese Länder, damit sie sich offen feindlich gegenüber Russland verhalten.
Dem "Global Firepower Index" zufolge belegt Polen in puncto militärische Schlagkraft weltweit den 23. Platz. Das Pentagon gab Warschau die Zusage, bei Ausbruch eines Konflikts der polnischen Seite innerhalb von fünf Tagen Unterstützung zu leisten. Eine kürzlich durchgeführte Computersimulation eines möglichen Konflikts zwischen Polen und einem angenommenen Gegner aus dem Osten (z.B. Russland) deutet jedoch darauf hin, dass die Unterstützung nicht ausreichen wird. Aufgrund der logistischen Probleme ist eine Verlegung der US-Truppen nach Polen innerhalb von fünf Tagen eine zu optimistische Prognose. In Anbetracht der realistischen Gegebenheiten Polens, das an mehrere befreundete Staaten grenzt, wie etwa Deutschland, wo ein riesiges US-Militärkontingent stationiert ist, wirkt die geografische Trennung zwischen der Ukraine und Georgien entmutigend, wenn sie denn Teil eines Bündnisses sein sollten, um Russland entgegenzuwirken und/oder es einzudämmen.
In der Theorie überzeugt ein Militärblock, dem die Ukraine (Platz 25. im Ranking der militärischen Schlagkraft laut Global Firepower Index), Georgien (Platz 92.) und Moldawien (Platz 107.) angehören, nicht darin, Russland eindämmen zu können. Obwohl Moldawien laut Verfassung als "blockfrei" gilt, zeigt die neue russophobe Präsidentin Maia Sandu eine hohe Bereitschaft zur Umsetzung der Forderungen aus Washington.
Die USA und die NATO bemühen sich darum, den postsowjetischen Raum in einen Zustand der permanenten militärischen Feindseligkeit und Konfliktes zu versetzen, in der Überzeugung, dass dieser Ansatz die beste Garantie der westlichen Länder dafür ist, dass Russland schwach gehalten wird und abgelenkt bleibt. Für Russland jedoch ist eine enge Koordinierung zwischen der Ukraine, Georgien und Moldawien in Bezug auf die Sicherheitsaspekte kein großes Anliegen, da diese Staaten über keine Marinestreitkräfte verfügen.
Da die Türkei zu einem unzuverlässigen NATO-Mitglied geworden ist, setzen die USA auf NATO-Mitglieder Bulgarien und Rumänien sowie NATO-freundliche Staaten wie die Ukraine, Georgien und Moldawien, damit sie Ankaras Aufgabe der Unterdrucksetzung Russlands im Schwarzen Meer übernehmen. Obwohl die USA und die Türkei erst vor wenigen Tagen Militärübungen zur Ächtung Moskaus im Schwarzen Meer durchgeführt haben, gibt es wenig Hinweise darauf, dass sich die Türkei bei einem Ausbruch eines Konflikts im Schwarzen Meer, an dem die NATO und Russland beteiligt sein sollten, seinen Bündnispflichten nachkommen wird. Aus diesem Grund drängt Washington die Ukraine, Georgien und Moldawien zu einer engeren Zusammenarbeit mit der NATO, die sich gegen Russland richtet, wenn auch diese Länder keine Bündnismitglieder sind.
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Titelbild (Archiv): © Pavel Golovkin/AP Photo
Dieser Artikel erschien zuvor im englischen Original auf InfoBrics.org und wird von der Redaktion übersetzt wiedergegeben.
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